Ernst Barlach mit seinen Brüdern Hans und Nikolaus, Rußland 1906

1906

Aus seiner schweren Identitäts- und Lebenskrise heraus reist Ernst Barlach zusammen mit seinem Bruder Nikolaus über Warschau und Kiew nach Charkow, Pokatilowka, Konstantinowka, Kramatorowka, Belgorod und Bachmut. Sie besuchen den Bruder Hans, der in Russland (heutige Ukraine) als Ingenieur arbeitet. Barlach hält die intensiven Eindrücke in unzähligen Skizzen fest und schreibt im Anschluss an die Reise das "Russische Tagebuch", das in Teilen unter dem Titel "Eine Steppenfahrt", illustriert mit 13 Lithographien, 1912 erscheint. Die Eindrücke dieser Reise bewirken für Barlach einen fundamentalen ästhetischen und thematischen Neubeginn. Während Barlach sich im südlichen Russland aufhält, wird in Berlin am 20. August 1906 sein Sohn Nikolaus geboren, um dessen Sorgerecht er zwei Jahre lang mit Erfolg streiten wird.

"Übrigens war ich jetzt einige Monate im südlichen Russland, habe da unendliche Anregung, sagen wir gleich: Offenbarungen empfangen. Hoffentlich gelingt es mir, in Zeichnungen und Plastik einiges zu gestalten. Nur gehört zum Arbeiten immer Geld, mag man sich stellen, wie man auch will. Und des Geldes wegen muß man sich absichtlich verkrüppeln!"

Brief an Reinhard Piper, 9.12.1906